Die Auswirkungen von COVID-19 auf die Publishing-Industrie in Indien

Die seit 2020 andauernde Corona-Pandemie hat einen großen Einfluss auf die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ausgeübt. Ebenso davon betroffen war die Verlags- und Zeitungsbranche, welche wirtschaftliche Einbuße erlitten hat und vor technologische Herausforderungen gestellt wurde. Aus diesem Anlass wollen wir ausführlicher über den Einfluss der Corona-Pandemie auf die Verlags- und Zeitungsbranche sprechen und ein Einblick in die internationalen Entwicklungen geben. Wir haben deswegen mit unserem Kollegen Hemant Kumar, Country Manager bei ppi Media in Indien, ein Interview geführt, welches einen spannenden Einblick in die Lage vor Ort gibt. 

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In den vergangenen Monaten war nicht nur Deutschland von der Pandemie und längeren Sperrungen betroffen, sondern auch Indien verzeichnete zahlreiche Neuinfektionen und eine der höchsten Inzidenzraten weltweit. Wie ist die aktuelle Einschätzung der Corona-Situation in Indien?
Nach heutigem Stand ist die Lage in Indien unter Kontrolle. Laut verschiedenen Statistiken, die in den Medien verfügbar sind, sind vorgestern 24.000 neue Fälle hinzugekommen. Im Juni waren es noch einige 100.000 neue Fälle. Die Zahlen sind also vielversprechend. Der einzige dämpfende Faktor kann sein, dass wir eine große Bevölkerung von 1,37 Milliarden Menschen haben und die Impfrate nicht mithalten kann. Gegenwärtig sind etwa 10% der Bevölkerung geimpft. Dies ist die einzige Sorge, die ich habe. Ansonsten rechne ich damit, dass die Zahlen weiter sinken. 

Wie bereits erwähnt, hatte die Corona-Pandemie nicht nur starke Auswirkungen auf die Gesellschaft, sondern ebenso auf die Verlags- und Zeitungsbranche. Kannst du auf das Jahr 2020 in Indien zurückblicken, als die Ausbreitung des Virus begann?
Zunächst einmal möchte ich einige Hintergrundinformationen geben, die für Indien einzigartig sind, insbesondere für die indische Zeitungs- und Verlagsbranche, die es nirgendwo sonst auf der Welt gibt. Die Zeitungen werden morgens um 6 Uhr ins Haus geliefert. Außerdem kostet sie weniger als 5 Cent. Daher besteht das indische Geschäftsmodell darin Geld mit Anzeigen zu verdienen. Aufgrund dieser Bedingungen wirkte sich die Pandemie ab März 2020 sehr stark auf die Einnahmen der Zeitungen aus. Zunächst gab es ein großes Gerücht, dass die physische Zeitung die Krankheit verbreitet. Dies führte dazu, dass die Menschen keine mehr kauften und die Zustellung in größeren Städten eingestellt wurde. Außerdem sind die Anzeigen um etwa 40% bis 50% zurückgegangen.

Wie ist die aktuelle Situation unserer Branche in Indien?
In diesem Jahr hat sich die Corona-Situation im Zeitraum von Februar bis Juni wieder verschlechtert. Wir haben sehr hohe Fallzahlen verzeichnet und alles war stillgelegt. Folglich hatte die Pandemie erneut einen großen Einfluss auf die Wirtschaft. Jetzt sind die Zahlen wieder ermutigend und die Wirtschaft erholt sich. Außerdem beginnt jetzt die indische Festivalsaison, die von August bis Dezember ein Maximum an Werbung erzielt. Deshalb erwarte ich, dass die Zahlen steigen werden. 

Nachdem wir allgemein über die Corona-Pandemie in Indien und die Auswirkungen auf die Verlags- und Zeitungsbranche gesprochen haben, welche Trends sind derzeit zu beobachten und welche Themen stehen jetzt im Fokus der Verleger und Zeitungen?
Die Printbranche in Indien ist sehr groß, digitale Angebote machen nur einen kleinen Teil des Gesamtumsatzes aus. Aus diesem Grund war Indien noch nicht bereit für eine vollständige Automatisierung und den Übergang in den digitalen Bereich. Die Aufgabe der Unternehmens- und Werbemanager besteht darin, sich Schritt für Schritt in die digitale Welt zu begeben, ein Gleichgewicht zwischen dem Print- und dem digitalen Sektor zu schaffen und die Türen für digitale Technologien zu öffnen. Sollte es in Zukunft wieder einen Notfall geben, können indische Zeitungen entweder physisch oder digital erscheinen. Die Idee ist es eine Datenbank zu haben, die alle Arten von Medien veröffentlichen kann, entweder das traditionelle Printmedium oder die digitale Form.

Wie wird sich unsere Branche in Zukunft entwickeln, kannst du erste Annahmen treffen? 
Die indische Industrie setzt auf die Bedeutung des Digitalen. Dennoch bin ich der Meinung, dass der Printbereich auch in Zukunft überwiegen wird. Print wird weiterhin einen großen Teil des Gesamtumsatzes ausmachen und noch 10 bis 20 Jahre lang wachsen. Diese Annahme lässt sich darauf zurückführen, dass das wirtschaftliche Niveau der Bevölkerung es möglicherweise nicht zulässt digitale Geräte zu kaufen, zum Beispiel einen Computer oder ein Smartphone. Um auf die Frage zurückzukommen: Ich sehe eine positive Zukunft für den Printbereich und auch die digitalen Angebote werden weiter zunehmen. 

Möchtest du zum Schluss noch etwas hinzufügen?
Im Vergleich zu anderen Teilen der Welt befindet sich Indien in Bezug auf Zeitungen in einer starken Position. Vor einigen Wochen wurden erneut Zahlen veröffentlicht, in diesem Fall für die Buchverlage, und die Zahl der gedruckten Bücher war immer noch höher als die der E-Books. Dementsprechend rechne ich damit, dass der Printbereich noch ein bis zwei Jahrzehnte lang wachsen wird.

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