Andreas Gierth ist Leiter Herstellung und Strategischer Einkauf bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie Geschäftsführer der Medienservice GmbH & Co. KG, Logistiktochter der F.A.Z.. Wir hatten die Möglichkeit, Andreas Gierth einige Fragen zur Situation und Zukunftsperspektive von Printmedien zu stellen.
Herr Gierth, wie sehen Sie die aktuelle Lage der Printmedien im Vergleich zu digitalen Medien und wie hat sich das Leseverhalten Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren verändert?
Andreas Gierth: Was man allgemein sagen kann, ist, dass Print in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch sehr stark ist. Es gibt aber den klaren Trend zu einer digitalen Nutzung von Inhalten. Wir hatten zum Beispiel noch nie so viele Leser wie jetzt, obwohl die Printauflage gesunken ist. Die F.A.Z. besticht inhaltlich durch Artikel, die Themen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten und sich kritisch mit diesen auseinandersetzen. Ob gedruckt oder digital – wir bieten dieselbe journalistische Qualität. Unsere Zeitungen sind alle als Digitalausgabe erthältlich, hinzu kommen die reinen Digitalprodukte. Viele unserer Leser nutzen beides. Es sind unterschiedliche Bedürfnisse, Lesesituationen und persönliche Vorlieben, die den Ausschlag geben. In einer schnelllebigen Zeit sind häufig kürzere Artikel, schnelle Information und ein rascher Überblick gefragt. Dem kommt die F.A.Z. mit speziellen Onlineangeboten nach, insbesondere für die Nutzung über mobile Endgeräte.
Welche Strategien verfolgt die FAZ, um die gedruckte Zeitung attraktiv zu halten?
Andreas Gierth: Das Digitalgeschäft ist weiterhin auf dem Vormarsch, während im Printbereich die Auflagen sinken. Dennoch ist die gedruckte Zeitung nach wie vor Zugpferd und Aushängeschild des Hauses und bei unseren Abonnentinnen und Abonnenten nachgefragt. Bei den Printmedien spielen natürlich optische Faktoren wie Gestaltung und eine hohe Druckqualität, aber auch haptische Faktoren wie Papierqualität und Format eine große Rolle. Und natürlich werden auch die Zeitungen an Umweltstandards gemessen. Hier haben wir in den letzten Jahren schon sehr viel erreicht. Zum Beispiel nutzen wir Ökostrom und verzichten auf Verpackungsfolie wo immer möglich. Die postalische Zustellung der F.A.Z. erfolgt über GoGreenPlus.
Zudem können in Print Werbeformen und haptische Erlebnisse realisiert werden, die digitale Werbung so nicht möglich macht. Print-Produkte bieten damit weiterhin Raum für anspruchsvolle Kampagnen. Viele große, namhafte Unternehmen möchten auch weiterhin vor allem in der Zeitung gedruckt präsent sein, da ihnen dadurch eine hohe Aufmerksamkeit garantiert wird.
Gibt es innovative Ansätze oder Technologien, die Sie in der Printproduktion oder -verteilung einsetzen?
Andreas Gierth: Wir produzieren an vier in Deutschland verteilten Druckstandorten, derzeit in Kassel, Rüsselsheim, München und Potsdam, zudem in Madrid im Offsetverfahren sowie an drei ausländischen Standorten im Digitaldruck. Wir prüfen außerdem alternative Formate, um unser Portfolio möglicher Druckereien zu erweitern und so auch schwer erreichbare Gebiete beliefern zu können. Grundsätzlich versuchen wir, möglichst wenig auf Postzustellung angewiesen zu sein, da viele Leser die Zeitung direkt am Morgen lesen möchten. Die Post nimmt die Zeitung zwar mit, behält allerdings ihren normalen Rhythmus bei. So kann es eben passieren, dass sie nicht morgens um 8:00 Uhr, sondern erst nachmittags um 14:00 Uhr im Briefkasten liegt – das wollen unsere Leser nicht.
Wie kann die Printbranche wirtschaftlich bleiben?
Andreas Gierth: Wir investieren in Print, um die Printerlöse zu sichern. Sämtliche Produktionsprozesse werden beständig optimiert. Im Fokus stehen hierbei kostengünstige Produktstrukturen, die sich mit der Software von ppi Media besonders gut abbilden lassen. Zudem nutzen wir Synergieeffekte und arbeiten mit anderen Zeitungshäusern wie der Süddeutschen Zeitung in Bezug auf Vermarktung und Logistik zusammen. Wir sind zudem Gesellschafter der EKG, einer in Deutschland ansässigen Einkaufsgemeinschaft für Papier, der insgesamt 30 Verlage angehören. Über sie kaufen wir gemeinsam Papier ein, da wir alle das gleiche Produkt herstellen – eine Papierzeitung.
Wie sehen Sie die Zukunft von Printmedien in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Andreas Gierth: Die Zeitung ist weiterhin beliebt, besonders bei der älteren Leserschaft. Natürlich sehen wir – auch aufgrund der demographischen Entwicklung und des veränderten Leseverhaltens –, dass der Abwärtstrend wohl voranschreiten wird. Erschwerend kommen natürlich auch die Konsolidierung der Drucklandschaft sowie die Zustellsituation hinzu. Doch sind wir fest davon überzeugt, dass es auch in Zukunft gedruckte Medien geben wird.
Welche Rolle spielen Printmedien in Ihrem eigenen Medienkonsum?
Andreas Gierth: Ich lese natürlich viel Print, gerade auch unterschiedlich ausgerichtete nationale Zeitungstitel, um verschiedene Perspektiven auf das aktuelle Geschehen zu erlangen. Ich lese – oder höre – die F.A.Z. aber eben auch, wo und wie ich gerade Zeit habe, etwa im Auto oder in der U-Bahn, und nutze hier verschiedene Kanäle. An Print schätze ich sehr, die Zeitung als Ganzes in der Hand zu haben und damit auch das komplette Spektrum der Beiträge und Themen im Blick zu haben. Digitale Angebote bieten durch Algorithmen eine personalisierte, interessengeleitete Vorauswahl, engen aber dadurch das Themenspektrum ein. Somit ist ein Printprodukt für mich immer auch eine bewusste Entscheidung für geistige Unabhängigkeit, Offenheit und Freiheit.
Und für mich gehört es dazu, dass ich die Produkte, die wir herstellen, auch intensiv nutze.
Anschließend noch eine Frage in eigener Sache. Wir feiern in diesem Jahr Jubiläum. Was verbinden Sie mit 40 Jahren ppi Media?
Andreas Gierth: Mit ppi Media verbindet uns seit Jahrzehnten eine verlässliche Partnerschaft. Das Produktportfolio ist äußerst stabil und zuverlässig und mit der Unternehmensleitung besteht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. ppi zeichnet sich meiner Meinung nach auch durch das partnerfreundliche Verhalten der Mitarbeiter aus. Dazu ein Beispiel: Als wir am Anfang der Pandemie ein IT-Problem hatten, meldete sich Hauke Berndt sofort bei uns und bot Unterstützung durch ppi an. Das war eine tolle Geste.
Das Interview führte Heiko Bichel